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Hippotherapie

Hippotherapie – was ist das für eine Therapie, für wen ist die Therapie geeignet, was sind die Wirkungsmechanismen? Im folgenden Bericht wird der Einsatz der Hippotherapie an der

CP Schule St. Gallen erläutert.

Für einzelne Schüler*innen der CP-Schule biete ich jeweils am Mittwoch- und Freitagnachmittag Hippotherapie an. Die Überweisung für die Therapie erfolgt von Ärzten, aufgrund von Wünschen der Eltern oder den Schüler*innen selbst wie auch als Vorschlag eines interdisziplinären Teams. Anschliessend erfolgt eine sensomotorische Differenzialdiagnose durch mich.

Um die Hippotherapie durchführen zu können, habe ich die Möglichkeit, die ausgezeichnete Infrastruktur der Stiftung Kronbühl in Wittenbach zu benutzen, welche einen für Pferde artgerechten Stall und 4 speziell für die Therapie trainierte Islandpferde für Hippotherapien und pädagogische Therapien zur Verfügung stellt. Die Haltung von Pferden und das spezielle Training der Pferde für unsere Bedürfnisse ist extrem aufwendig und teuer. In diesem Zusammenhang ist es ökonomisch und effizient, die Synergien zweier Institutionen zu nutzen.

Bevor die Therapie nachmittags beginnt, muss ich am Vormittag zusammen mit der Pferdeführerin den genauen Ablauf der Therapien besprechen. Je nach den sehr individuellen körperlichen Bedingungen der einzelnen Schüler*innen werden das Pferd und die dazu benötigten Hilfsmittel ausgewählt, welche dann die Pferdeführerin für einen reibungslosen und speditiven Ablauf der Therapie vorbereitet und bereitstellt.

Hippotherapie ist eine physiotherapeutische medizinische Behandlungsmassnahme mit Hilfe eines nicht allzu hohen Pferdes. Islandpferde sind in der Grösse, im harmonischen Bewegungsablauf und im Verhalten hierfür ideal.

Die Klient*innen sitzen während der Therapie ohne aktive Einwirkung auf dem Pferd; somit unterscheidet sich diese Therapieform deutlich vom klassischen Reiten, vom heilpädagogischen Reiten oder von anderen Formen des therapeutischen Reitens, bei welchem der Reiter aktiv auf das Pferd einwirkt. Die Sitzposition auf dem Pferderücken wird in dem Zusammenhang auch anders eingenommen (Bild 1).

Da die Kinder oder Erwachsenen mit einer körperlichen Beeinträchtigung nicht automatisch symmetrisch sowie aufrecht auf dem Pferd sitzen, kontrolliert und verbessert der/die Hippotherapeut*in die Sitzposition der Patient*innen ständig, sodass die Bewegungsübertragung vom Pferd auf den Menschen beim vorwärtsschreitenden Pferd perfekt stattfindet und eine optimale Bewegungsaufnahme auf Hüften und Rumpf entstehen kann. Hierfür teilen wir den Oberkörper der Patient*innen in theoretische Körperabschnitte ein, um diesen Ablauf genau beurteilen zu können.

In der Hippotherapie benutzen wir nur die Gangart «Schritt» des Pferdes; somit kann sich die gewünschte dreidimensionale Schwingung auf den Körper des Kindes oder Erwachsenen durch ständigen Wechsel zwischen Spannung und Entspannung im Bereich einer dynamischen Muskelarbeit entfalten. Des Weiteren werden die Koordination und das Gleichgewicht auf dem rhythmisch schreitenden Pferd geschult sowie Verkrampfungen im Hüft-/Beckenbereich gelockert und die eher schwachen Muskeln in Richtung Aufrichtung und Symmetrie aktiviert.

Ich biete die Hippotherapie in allen Jahreszeiten, bei jedem Wetter und immer draussen im Freien an. Obschon das Ziel dieser physiotherapeutischen Massnahme im sensomotorischen Bereich liegt, werden als Nebeneffekte auch vielfältige Sinneseindrücke für die Patient*innen ermöglicht und das Immunsystem gestärkt. Gleichzeitig werden beim Aufsteigen auf das Pferd alle Muskeln und Bewegungsabläufe trainiert, welche für das Gehen mit Standbein- und Schwungbeinphase notwendig sind.

Diese physiotherapeutische Therapieform ist geeignet für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit:

  • Folgen frühkindlicher Hirnschädigung
  • Multipler Sklerose
  • Rückenbeschwerden
  • Haltungsschwächen
  • Ataxien mit Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen
  • Halbseitenlähmung, z. B. nach Schlaganfall
  • Schädelhirntrauma


Folgende spezielle Wirkungsweise beinhaltet die Hippotherapie:

  • kräftigt auf natürliche Weise sehr effizient die Rumpfmuskulatur
  • die Balance und das Gleichgewicht werden gefördert und geschult
  • es findet eine sanfte Mobilisation der Wirbelsäule statt und bewirkt eine Haltungsschulung
  • der Muskeltonus wird reguliert
  • eine gangtypische Fortbewegung im Raum wird erlebt
  • erste Erfahrungen mit Gehen werden ermöglicht durch gangtypische Bewegungsmuster
  • hat grundsätzlich eine positive, motivierende Wirkung
 

Um als Physiotherapeut die Hippotherapie durchführen und bei der IV oder Krankenkasse abrechnen zu dürfen, ist ein Studium der Physiotherapie notwendig und in der Regel eine Weiterbildung in der funktionellen Bewegungslehre, die Zusatzausbildung einer pädiatrischen Weiterbildung nach Bobath NDT und ein Nachdiplomstudium in der Hippotherapie, z.B. an der ZHW in Winterthur.

Henner Conzelmann, Physiotherapeut und Hippotherapeut CP-Schule