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Ein ganz normaler Tag an der CP-Schule

Donnerstag, 7. Februar 2019, 8 Uhr. Rund um den Eingang der CP-Schule herrscht reger Betrieb. Viele der rund 70 Schulkinder treffen mit Schulbussen ein. Die Stimmung ist noch verschlafen, vereinzelt jedoch bereits aufgeweckt. Der Umgangston ist herzlich. Ein bunter Tag steht an.

Ab in den Schnee
Für eine Turngruppe der Unterstufe steht Schlitteln auf dem Programm. Der optimale Hang liegt direkt hinter der Schule. 

Dort wird die Gruppe mit den Lehrpersonen A. B., L. P., M. R. auf zugeschnittenen Kehrichtsäcken herabsausen. F. (9) und F. (10) setzen einen coolen Rennhelm auf. N. (15) fragt H. (9), die im Rollstuhl sitzt, ob sie sich auf das Schlitteln freue. «Auf jeden Fall. Ich muss mir nur noch die warmen Handschuhe anziehen.» Für einige ist es das erste Mal, dass sie schlitteln. Eine wichtige Erfahrung, wie A. B. weiss. Die Geschwindigkeit und die Beschaffenheit des Geländes zu spüren, seien wichtige und wertvolle Erlebnisse.

Individuelle Förderung, respektvoller Umgang
In der Mittelstufenklasse von K. D. fehlen heute zwei Schüler. Einer ist im Spital, der andere im Skilager. J. (12), A. (12) und S. (13) arbeiten konzentriert an ihren Matheaufgaben. M. (12) ist in der Therapiestunde und wird später zur Klasse stossen. Das ist alltäglich in der CP-Schule. Die Stundenpläne sind individuell auf den jeweiligen Unterrichts– und Therapiebedarf ausgerichtet. J. arbeitet im Zahlenraum bis 1000. Er soll herausfinden, welche Zahl nicht in die Reihe passt und dies begründen. Seine Begeisterung ist spürbar. «Mathe ist mein Lieblingsfach», sagt er, «viel wichtiger als Sprache. Schliesslich muss man später berechnen können, wie viel man für sein Haus bezahlen muss.» A., die an einem Logico zum kleinen Einmaleins arbeitet, sieht das anders: «Ich mag Sprache lieber und finde sie ebenso wichtig.» Ihre Klassenkollegin S. pflichtet ihr bei. Für die Messübungen, die sie gerade abschliesst, wird sie von der Lehrperson gelobt.

Auf dem Fahrrad in den Frühling düsen

Man kann sie von weitem hören: «Nap», S. (7) Fahrradklingel in Wal-Form, ihr ganzer Stolz. Beachtung erhält auch ihr nigelnagelneues Fahrrad, mit dem sie heute – unterstützt von ihrem Physiotherapeuten H. C. – das Fahren lernt. S. erlitt als Baby 

eine cerebrale Schädigung, die zu einer sensomotorischen Beeinträchtigung führte. Das dreirädrige Fahrrad, welches vor- und rückwärts bewegt werden kann, ist eine Spezialanfertigung und wurde über Spenden finanziert. S. lernt treten, lenken, bremsen und achtsam zu sein. Beim Fahrradfahren sollen zudem ihre Rumpfstabilität gefördert, die bilaterale Integration der Hände geübt, die Augen-Hand-Koordination gefördert und die dissoziative Bewegung der Beine gestärkt werden. S. macht grosse Fortschritte und wird bis zum Frühlingsbeginn – so das Ziel – selbständig im Freien rumkurven können.

Auf dem Weg zu mündigen Menschen
Die Oberstufenklasse von T. W. beschäftigt sich mit den nationalen und kantonalen Abstimmungsthemen, u.a. mit der IT-Bildungsoffensive. T. W. will wissen, wie die Klasse die Vorlage beurteilt. «Ich bin dafür», sagt S. (16), «mehr Informatikgeräte in den Schulräumen finde ich gut.» Die Klasse nickt. Ob man zu einem Ja oder Nein gezwungen werden kann, fragt T. W. weiter. S. reagiert schnell: «Nein, in der Schweiz herrscht Meinungsfreiheit; alle können selber entscheiden.» Ein Nein würde eine Ablehnung des Vorschlags bedeuten, weiss M. Besser über Computer Bescheid wissen, ist auch in der CP-Schule essenziell, genauso wie Fragen zum Thema klären, Möglichkeiten aufzeigen und Hürden ab bauen. Deshalb arbeitet die Prakti kantin C. mit den Schülerinnen und Schülern in Office Programmen. S. freut sich über den Lernerfolg: «Am Anfang dachte ich, dass ich das nie lernen würde. Nach einer gewissen Zeit fühlte ich mich wie ein Profi.»

Ein ganzer Zoo soll entstehen
A. aus der Mittelstufenklasse modelliert mit Unterstützung ihrer Ergotherapeutin T. L. Elefanten, Giraffen, Schlangen und viele weitere Tiere. Später wird sie diese originalgetreu bemalen und mit nach Hause nehmen.

Was ist denn hier passiert?

Stundenwechsel. Etwas Zeit für die Logopädin S. R., den Talker einer Schülerin zu programmieren und für weitere, vielfältige Aufgaben. S. R. mag die Abwechslung in ihrem Job, in dem sie verschiedene Charaktere kennenlernen darf. Schon klopft es an der Tür. M. aus der Oberstufenklasse wird in der nächsten Lektion von seinen Skiferien im Piztal berichten. Von der Pistenbully-Fahrt, mit der ihn seine Mutter überrascht hatte, vom Skifahren und Snowboarden und von einer Schneetöff-Fahrt, bei der er selber Gas geben durfte. Die Ferien zu beschreiben, bereitet M. keine Mühe. 

Bei S. R. lernt er, Geschichten zu erzählen und sie orthographisch korrekt aufzuschreiben. Die Logopädin arbeitet mit dem Lehrmittel «Was ist denn hier passiert?». Sie schlägt im Buch eine Bildszene auf, in der eine Schildkröte, ein Teddy und ein undefinierbares Wesen bei einem Friseur sitzen. S. R. fragt: «Was denkst du? Wie konnte es zu dieser Situation kommen?»M. betrachtet das Bild aufmerksam und beginnt, seine Ideen auszuführen. S. R. stellt Fragen und ergänzt, wo nötig. Schritt für Schritt fügt sich so eine Geschichte zusammen. M. schreibt diese auf und überprüft seine Formulierungen. Anschliessend liest er sie S. R. nochmals vor. Ist die Geschichte wirklich so passiert? Der QR-Code, der beim Bild platziert ist, gibt Antwort.